Allein sein heißt nicht einsam sein!
Wann ist jemand einsam? - Nicht so leicht zu beantworten, denn diese Einschätzung kann schlecht von Außenstehenden getroffen werden und unterliegt keinen messbaren Kriterien. Lediglich das subjektive Empfinden der betroffenen Person selbst ist ausschlaggebend – wann empfindet die Person sich selbst als einsam?
Wann würdest du dich denn als einsam bezeichnen? Wenn du deine Kinder nur selten siehst oder gar keine hast? Bei einer geringen Anzahl an Besuchen und wenig Gesellschaft? Wenn du allein ohne Partner oder ohne Partnerin lebst? Bei einem Wohnort, der fünf Kilometer entfernt von jedweder Nachbarschaft, komplett abgelegen liegt? Falls die Mobilität fehlt, um regelmäßig am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilzuhaben?
Das Gefühl der Einsamkeit kann jeden treffen! Im Übrigen: Es ist sogar so weit verbreitet, dass sich zahlreiche Psychologen mit dem Thema beschäftigen und es gar ein eigenständiges Fachgebiet „Einsamkeitsforschung“ gibt…
Inhaltsverzeichnis
Allein oder einsam? Über den feinen Unterschied
Der Einsamkeitsforscher John Cacioppo sieht keinen direkten Zusammenhang zwischen Alleinsein und Einsamkeit, denn die Einsamkeit sei nicht an die An- oder Abwesenheit anderer geknüpft. In einer großen Menschenmenge mit dir unbekannten Personen kannst du dich ebenso einsam fühlen, wie zusammen mit Freunden oder Bekannten, falls du dich von ihnen unverstanden fühlst. Dann hast du womöglich das Gefühl, dass „keiner für dich da“ ist, ebenso wie wenn tatsächlich niemand anwesend wäre. Einsamkeit entsteht in diesem Fall aus dem Gefühl heraus, nicht in gewünschter Weise mit Personen zu interagieren, Beachtung zu finden und Wertschätzung zu erfahren. Sicher kann dieses Gefühl der Einsamkeit auch eintreten, wenn du allein bist, d.h. wenn keine anderen Personen anwesend sind. Es ist mehr ein generelles Gefühl der Lebenszufriedenheit oder eher Unzufriedenheit.
Der springende Punkt ist der Unterschied, ob du dich für dein Alleinsein selbst entschieden hast oder ob dir dieser Zustand von außen durch die Lebensumstände aufgezwungen wird – egal ob du das möchtest oder nicht. Das kann beispielsweise bei tiefer greifenden Veränderungen im Leben sein:
- Erster Tag im Ruhestand
- Neuer Job
- Fremde Umgebung ist
- Auszug des letzten Kindes von zu Hause
- Nach einer Trennung
Kraft tanken und Positives aus der Auszeit ziehen
Manch einer nimmt ein Sabatical oder eine wie auch immer geartete Auszeit aus dem Alltag – hinein in die Ruhe und Stille! Für jemanden, der ungewollt einsam ist, mag dieser Wunsch nach Abgeschiedenheit befremdlich klingen, sehnt er sich doch nach etwas mehr Leben um sich herum. Ist die Ruhe um dich herum aber nun gerade zufällig in deinem Leben, dann kannst du sie doch direkt positiv instrumentalisieren. Viele andere beneiden dich in diesem Moment um diese Ruhe: Wer weiß… Vielleicht schaust auch du irgendwann neidisch auf andere, weil dir dein Trubel zu viel wird und andere gerade das Alleinsein genießen.
Somit der ultimative Tipp: Tue in der unfreiwilligen Einsamkeit das, was du auch in einer selbstgewählten Auszeit tun würdest!
Einsamkeit genießen, falls du es möchtest!
Selbstgewählte Einsamkeit kann etwas Wunderbares sein. Du fühlst dich befreit, kommst zur Ruhe und zu dir selbst, kannst entweder ein paar Gänge herunter schalten oder in deinen Herzensangelegenheiten mal so richtig Gas geben. Du entscheidest, was du mit der Zeit Sinnvolles anfängst, wenn kein anderer etwas von dir möchte und an deiner Zeit und an deinen Nerven knabbert.
Doch: Bei einer erzwungenen Einsamkeit empfindest du sehr wahrscheinlich anders. Gefällt dir dieser Zustand nicht, so ist das ein Warnsignal und sagt dir, dass eine aufregende und bereichernde Suche nach Kontakten angesagt ist. Denn zu viel ungewollte Einsamkeit kann krank machen. Laut Studien kann sie genauso schädlich sein wie Übergewicht oder Rauchen und möglicherweise sogar zu Depressionen führen. Dieses Warnsignal ist ein Relikt aus unserer evolutionären Vergangenheit. Wer damals aus einer Gruppe ausgestoßen wurde, hatte kaum Überlebenschancen. Diese Urängste sind in uns verankert und wird unser Grundbedürfnis nach Zugehörigkeit nicht erfüllt, so reagiert im Gehirn der gleiche Bereich, der auch für körperlichen Schmerz zuständig ist. Dann ist es an der Zeit, aus der Einsamkeit auszubrechen und neue Kontakte zu knüpfen. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen, aber wenn du am Ball bleibst, wirst du schnell Verbesserungen feststellen.
Das Mysterium der Einsamkeit - Mit drei Optionen zur Lösung
Letzten Endes gilt: Love it, change it or leave it! – Liebe es, verändere es oder lass es liegen!
- Wenn du den Zustand des Alleinseins liebst und insgeheim danach gesehnt hast, dann herzlichen Glückwunsch! Genieße es und nutze deine Zeit!
- Ändere deinen Blickwinkel auf deine Situation, wenn dir das Alleinsein zunächst nicht gefällt. Sieh die positiven Dinge daran und, was du nun alles tun kannst. Vielleicht ist die Vorstellung allein zu sein, doch ganz angenehm.
- Bist du nicht gerne allein und fühlst dich wirklich einsam, dann setze alles daran, deine Situation so zu verändern, dass es für dich passt.
Kommentar von VJ |
Der Unterschied zwischen beiden Stadien ist wirklich ein ganz feiner. Ich habe mich nach jahrelanger Einsamkeit in der Beziehung von meinem Partner getrennt und bin nun zwar allein, doch ich kann endlich die Dinge tun, die ich so lange schon ausprobieren wollte. Natürlich ist es eine große Umstellung und das Alleinsein bringt nicht nur Vorteile, denn man muss ja schließlich aus seiner Komfortzone raus, um Dinge in Bewegung zu setzen oder neue Leute kennen zu lernen. Doch für mich überwiegen im Moment die Vorteile des Alleinseins, da ich mich in der Beziehung sehr untergeordnet habe und nicht mehr ich selbst war.