Was Jung und Alt voneinander lernen können
Der Dichter Johann Jakob Mohr schrieb: „Tausend schöne, täuschende Genien umschweben unsere Jugend. Nach und nach entschwindet das Gedränge, und die Aussicht wird freier. Das nennen wir dann Erkenntnis.“ Die Aussicht wird freier. Ist es nicht tatsächlich so, dass wir schöne Aussichten im Alter tiefer genießen oder überhaupt erst sehen und schätzen können? Real mit allen Sinnen, als auch im übertragenen? Die Jugend hingegen tummelt sich gern in den Städten, wo es alles Mögliche zu tun und zu erleben gibt, außer eben freie Aussichten.Erkenntnis und Weisheit entstehen durch Fragen, mußevolles Betrachten und durch Lebenserfahrung. Letztere wächst eindeutig mit den Jahren und dann hoffentlich eben mit ihr die freieren Aussichten. Der Tatendrang der Jugend fließt mit zunehmendem Alter in eine andere Richtung. Man könnte sagen in die Reflexion von Zusammenhängen und Prinzipien. Dadurch entstehen die freieren Aussichten, von denen der Dichter sprach. Und sind die nicht auch grundlegend, wenn es darum geht, die Weichen für eine gesündere und glücklichere Gesellschaft zu stellen, in der die Jugend tatkräftig wirkt?
Wenn Weisheit und Energie zusammen kommen wird das Leben rund und stimmig. Dann lernt Jung von Alt und umgedreht. Was wir aneinander haben und warum wir definitiv darauf nicht verzichten sollten, erfährst du hier.
Inhaltsverzeichnis
Die Jungen sind Koffein für deinen Geist
Den Jugendlichen steht heute die ganze Welt offen. Schon früh werden sie als Persönlichkeiten behandelt, die in der Welt ihren eigenen Weg finden dürfen, der ihrem Naturell entspricht. Schulen bieten ein umfangreicheres Angebot an Fächern als früher, aus dem zum Teil gewählt werden kann, wo der junge Mensch seinen Themenschwerpunkt setzen möchte. Will ich aufs Wirtschaftsgymnasium gehen oder auf ein sozialwissenschaftlich orientiertes? Dann gibt es wieder unglaublich viele Möglichkeiten, die bestmögliche Form für die eigenen Ideen zu wählen: Austauschprogramme, Auslandsjahre, freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr etc. Durch all diese Wahl- und Erfahrungsmöglichkeiten wächst eine ganz neue Generation heran, die dabei ist, diese Welt und ihre offensichtlich nicht nachhaltig funktionierenden Strukturen nachhaltig zu verändern.
- Als du jung warst, galt es als sinnvoll, in ein und derselben Firma möglichst lange zu bleiben. So manch einer hat sogar wie selbstverständlich den Familienbetrieb übernommen, ohne wirklich gefragt worden zu sein.
- Und jetzt als Senior kannst du nur noch stauen, was die Jungen alles so starten und ausprobieren. Staunen und Mitdenken halten dich wach und lebendig. Und deine Beständigkeit und Gelassenheit sind genau die heute raren Eigenschaften, die den jungen Leuten Halt geben in einer ansonsten unüberschaubaren und schnelllebigen Welt.
- Fragst du dich jetzt, welche Aktivitäten könnten uns zusammen Spaß machen? Dann folge dem Link und versucht zum Beispiel einmal einen Escape Room für Action der anderen Art. Oder probiert mal ein Gesellschaftsspiel, das herausfordert und komplexe Denkvorgänge fördert.
An die Alten wende dich bei Liebeskummer, Problemen und wichtigen Entscheidungen
In einer Welt, in der alles auf Optimierung, Effizienz und Leistung abzielt, scheinen die Alten oft überflüssig zu sein. Aber wollen wir in so einer Welt überhaupt leben? Corona-Zeiten schenken vielen von uns Zeit zum Nachdenken. Nutzen wir die Zeit für genau diese Frage und erinnern uns daran: wir alle sind die Schöpfer dieser unserer Welt.
Mit Lebenserfahrung ist man gut beraten, heißt es und „guter Rat ist teuer“, lautet ein Sprichwort. Rat bedeutet ursprünglich Anweisung und Belehrung, die den Abhängigen gewährt wurde und beinhaltet Schutz und Fürsorge. Guten Rat bekamen unsere Vorfahren von den Ältesten der Gemeinschaft, die sich dazu eventuell auch gemeinsam berieten, etwa in Kreisform versammelten, um einen Rat mit Tiefe und Weitsicht zu finden. In Begriffen wie Ratschlag finden wir die Spuren dieser Versammlungsform, bei der zum Teil auch über einen eventuell noch verborgenen Sinn beratschlagt wurde.
Der erste Liebeskummer ist so schlimm, weil einfach noch nicht vorstellbar ist, dass er jemals enden wird. Dafür fehlt die Erfahrung, dass er tatsächlich irgendwann vorbei ist. Aber das lässt sich mit Worten allein nicht vermitteln. Ist nämlich das Herz gebrochen, braucht ein junger Mensch Halt im wahrsten Sinne des Wortes. Der Selbstwert ist angeknackst und da tun körperliche Wärme und Nähe gut. Von Oma oder Opa in den Arm genommen und gestreichelt zu werden ist klasse. Und dem Lieblingsessen von Oma, so richtig mit Zeit und Liebe gekocht, liegt ebenfalls ein Zauber inne.
Nachhilfe mit Win-Win
Mathe-Nachhilfe, Physik-Nachhilfe, französisch … Ein Großteil der Schüler erhält heutzutage Nachhilfe. Viele der Nachhilfelehrer sind Rentner. Beide Seiten profitieren enorm; nicht nur offensichtlich, wobei der Junior in der Schule besser wird und der Senior fit im Kopf bleibt und sich als nützlich wahrnimmt. Wenn Alt und Jung zusammenkommen und miteinander lernen, dient es nebenbei auch dem Erhalt von Dialekten, in denen unendlich viel an Tradition und Gebräuchen zu entdecken ist. Sozusagen Sprach- und Geschichtsunterricht in einem. Die Denke der Vorfahren und deren Leben im Industriezeitalter und davor, entdeckt erst, wer sich mit einer Mundart intensiv beschäftigt.
Viele Dialekte gehen heute nach und nach verloren, was auf mehrere Entwicklungen zurückzuführen ist: der Zunahme an Geschwindigkeit, Leistungsanforderung und -umfang in den Schulen, aber auch generell durch die Vereinheitlichung von Sprache zwecks besserer Verständlichkeit und wirtschaftlichen Interessen.
In ihrem Buch „Opa, wat seyn Noupen?: Enkel und Opa lernen voneinander“, beschreibt Rosi Nieder, wie Enkel Jens von seinem Opa Eifeler Platt lernt. Dabei möchte der Opa keineswegs nur dazu beitragen seine Mundart zu erhalten, sondern ist sich sicher, dass Mundart sprechen auch dazu befähigt, Fremdsprachen einfacher zu lernen. Damit hat er nachgewiesener Maßen recht. Und so lernt „Jensi“ neben Eifelhochdeutsch und der Mosel-fränkischen Mundart auch viel darüber, wie seine Vorfahren lebten und dachten. Im Gegenzug bleibt Opa auf dem Laufenden in Bezug auf Jugendslang und neue Medien. Die beiden erklären einander ihre Welt.
Zeit zum Ausprobieren und Märchen erzählen
Die wenigsten Familien wohnen heute mit der Herkunftsfamilie in einem Haus, wie es früher üblich war. Was macht das mit uns?
Kleinfamilie unter sich | Jung und Alt zusammen | |
Vorteile | Bei klarer Trennung der Generationen muss weniger Rücksicht genommen werden - ein zweifelhafter Wert, der als Vorteil wahrgenommen werden könnte. Nur für bestimmte Anlässe kommt man zusammen, ansonsten macht jeder seins. Das führt zu höherer Individualisierung und „Spezialistentum“. |
Heranwachsende sind ganz natürlich in Kontakt mit Menschen verschiedenen Alters, was zum Kennenlernen unterschiedlicher Sichtweisen, Werte sowie Lebensläufe führt und insgesamt eine holistischere (ganzheitlichere) Lebensgestaltung darstellt. Es gibt immer mehrere Bezugspersonen für die Kinder, um etwas zu besprechen, zu unternehmen oder zu spielen. |
Nachteile | Entfremdung, einseitiges Denken und Begreifen, Kontaktlosigkeit. | Möglicherweise ein höheres Konfliktpotential, aufgrund sehr unterschiedlicher Bedürfnisse, etwa nach Ruhe und nach Spiel. |
Kinder und Senioren müssen kein Geld verdienen, dieser Umstand lässt ihnen mehr Freiräume, das Leben zu erkunden. Sie können ihrem eigenen Rhythmus folgen, sich etwa Märchen erzählen oder Handarbeiten ausprobieren und selbst etwas gestalten.
Fazit
Trotz riesigem Altersunterschied stehen Kinder den Senioren gar nicht so fern und sind eine erfrischende Abwechslung im Alltag. Andersherum sind die Zeit, das Herz und die Lebenserfahrung älterer Menschen Balsam für die Seelen der Kinder.
Quellen
https://www.indinger.de/zitate_kategorien.php?kategorie=Jugend
https://www.kapiert.de/blog/teenager-frueher-und-heute/
https://www.familie.de/schulkind/pubertaet/der-erste-liebeskummer-10-tipps-fuer-eltern/
Buch „Opa, wat seyn Noupen?: Enkel und Opa lernen voneinander“, Rosi Nieder
https://www.euroakademie.de/magazin/alt-und-jung-gehoeren-zusammen/