Süchtig nach Medikamenten: Was tun?

In Deutschland steigt die Zahl der Menschen, die süchtig nach Medikamenten sind, schleichend an. Auffällig dabei ist, dass allem voran älteren Personen der Griff zu den Tabletten besonders einfach fällt. Direkt nach der Alkoholsucht nimmt die Medikamentensucht im Alter Platz 2 ein. Berechnungen zufolge handelt es sich hier um mindestens 1,5 Millionen Menschen. Eine Hochrechnung auf bis zu 1,9 Millionen ist ebenfalls möglich. Die Dunkelziffer ist jedoch weitaus größer. Besonders Frauen ab 50 Jahren fallen in dieser Statistik deutlich auf. Laut DHS sind diese besonders gefährdet und machen einen Großteil dieser Statistik aus. Dabei reichen die Mittel selbst von Schlafmittel über Schmerzmittel bis hin zu vielen mehr.

Inhaltsverzeichnis

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Welche Medikamente bergen ein Suchtpotential?

Die Liste der Mittel, die eine Medikamentensucht hervorrufen können, ist lang. Viele wissen nicht mal, dass ihr verschriebenes Medikament mit einem hohen Risiko behaftet ist. Eine Tablette gegen Kopfschmerzen und eine gegen Schlafstörungen am Abend ist meist in jeder Hausapotheke zu finden. Nicht selten greifen wir auf genau diese zurück, um uns von dem Unwohlsein zu befreien. Doch genau dieser Umstand macht die regelmäßige Einnahme so gefährlich. Ein genauer Blick ist daher stets auf die Inhaltsstoffe zu werfen. Schauen wir uns gemeinsam einige Medikamente bzw. Substanzen an, die ein erhöhtes Risiko aufweisen:

  • Benzodiazepine
  • Z-Substanzen
  • Schmerzmittel
  • Antidepressiva

 

Benzodiazepine

Hierzu zählen in erster Linie Schlafmittel. Gerade im Alter werden Unruhe und Nervosität deutlich höher und der Griff zu Benzodiazepinen fällt leicht. Am Abend kann der oder die Betroffene einschlafen und genießt einen ruhigen und erholten Schlaf. Was zunächst wie ein großer Vorteil wirkt, schlägt jedoch oftmals am nächsten Tag vollständig um. Insbesondere Benzodiazepine mit einer langen Wirkdauer, lassen den Betroffenen noch am nächsten Tag die Auswirkungen dieser spüren. Benommenheit, Müdigkeit und allgemeine Abgeschlagenheit sind keine Seltenheit. Vor allem im Alter können in Folge dessen vermehrt Stürze auftreten sowie Dehydration einsetzen. Es gibt hierzu bereits gute Alternativen mit einer deutlich geringeren Wirkdauer. Je nach Ausgangslage und eigenen Voraussetzungen, kann in Absprache mit dem Arzt, eine andere Methode zu deutlich besseren Ergebnissen führen.

Z-Substanzen

Wer sich unter diesem Begriff nichts vorstellen kann, der ist nicht allein. Durch den hohen Missbrauch von Benzodiazepinen haben die Z-Substanzen schnell eine damals gute Alternative dargestellt. „Z-Substanzen“ bedeuten dabei nichts anderes als ähnliche Substanzen, die mit dem Buchstaben „Z“ beginnen; so unter anderem Zolpidem und Zopiclon. Diese kommen zwar mit einer vollständig anderen chemischen Struktur daher, wirken aber letztlich genauso wie Benzodiazepine. Was damals als ein kleiner Durchbruch gefeiert wurde, ist heute bereits widerlegt. Auch Z-Substanzen begünstigen eine Medikamentensucht und es werden immer mehr Nebenwirkungen bekannt. So kommen zu allgemeiner Abgeschlagenheit ebenfalls Halluzinationen dazu. In manchen Fällen wurden bereits Psychosen sowie leicht aggressives Verhalten vernommen. Zolpidem sowie Zopiclon gehören noch heute zu den bekanntesten Schlafmitteln und werden regelmäßig verschrieben.

Schmerzmittel

Neben Schlafmitteln, gehören auch Schmerzmittel zu den gängigsten Tabletten. Nicht nur freiverkäufliche, sondern auch rezeptpflichtige Mittel finden sich zumeist in unseren Schränken daheim. Kopfschmerzen, Rückenschmerzen & Co. werden durch die Einnahme einer einzelnen Tablette beseitigt und der oder die Betroffene kann aufatmen. Gerade dies lässt schnell einen Kreislauf entstehen und es kommt zu einer Medikamentensucht. Ohne Schmerzmittel sind Schmerzen nicht mehr behandelbar und der Körper stellt sich auf diese Behandlung ein. Intensive Schmerzen werden im Notfall sogar mit opiathaltigen Schmerzmitteln behandelt. Diese bekämpfen jedoch nicht nur die eigentlichen Schmerzen, sondern hinterlassen beim Patienten eine leicht euphorisierende Stimmung. Gerade im Alter wird diese Nebenwirkung vielen zum Verhängnis und es entsteht eine Medikamentensucht, die nur schwer zu unterbrechen ist.

Antidepressiva

Die Zahl der Patienten, die mit Antidepressiva behandelt werden, steigt zumeist im Alter. Häufige Auslöser sind hierbei unter anderem Stress und Einsamkeit. Gerade der zweite Punkt ist für viele Menschen im Alter ein besonders wichtiger Grund. Dabei ist die Wirkung der einzelnen Präparate ganz unterschiedlich. Die Palette der Antidepressiva reicht von schlaffördernden und antriebssteigernden bis hin zu dämpfenden Antidepressiva. Für viele kommt hier ein Absetzen dieser Medikamente nicht mehr in Frage. Zu groß ist die Gefahr eines Rückfalls oder die Angst vor erneuten Folgen. Dabei begünstigt das Medikament selbst diese Folgen und es entsteht eine unbewusste Sucht.

Sucht auf Rezept: So leicht gerät man in den Kreislauf

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Nicht immer bestimmen wir unsere Sucht selbst- wir geben diese fast schon in fremde Hände ab. Eine verschriebene Medikation wird oftmals leichtsinnig angenommen und ohne Rückfragen angewendet. Nachträgliche Kontrollen bleiben meist auf Seiten der Anwender/-innen aus und Medikamente werden im Alter viel zu lange angewandt. Fast 80% der Medikamente mit Suchtpotential werden tatsächlich von einem Arzt verschrieben und nicht freiverkäuflich erworben. Man spricht hier also von „Sucht auf Rezept“. Auch stetige Ärztewechsel begünstigen diesen Umstand. So ist es nur schwer nahvollziehbar, welche Medikamente ein Patient bereits einnimmt und welche verschrieben werden dürfen.

Wenn die Abhängigkeit unbemerkt bleibt

Für viele äußert sich das Wort „Abhängigkeit“ ausschließlich durch deutlich sichtbare Symptome. Zittern, Übelkeit und Unwohlsein sind nur wenige der Symptome, die mit der Medikamentensucht einhergehen. Wer aufgrund von intensiven Schmerzen zu einer Behandlung mit beispielsweise opiathaltigen Schmerzmitteln greift, der sollte sich auch gleichzeitig über die Anwendungsdauer informieren. Viele Personen im Alter wenden diese noch weit über die Schmerzen hinaus an. Die Schmerzen sind bereits lange vergangen, aber das opiathaltige Mittel wird weiter eingenommen. Es hat sich eine Routine entwickelt und das Medikament ist nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken. Obwohl sich noch keine weiteren Symptome bemerkbar gemacht haben, spricht man hier bereits von einer Medikamentensucht im Alter.

Auch die Häufigkeit der Anwendung ist ein erstes Indiz für eine Medikamentensucht. Der Körper kann in manchen Fällen eine gewisse Gewohnheit entwickeln. Wo damals noch eine Tablette vor dem Schlaf gereicht hat, werden mit der Zeit langsam zwei Tabletten daraus. Dieser schleichende Prozess bleibt oft unbemerkt, aber erhöht sich nach und nach. Eine Tablette bringt schon lange nicht mehr den Erfolg. So startet ein Kreislauf, aus dem ein Ausbruch oftmals schwerfällt...

Kommentar von Nora Meier |

Das Problem ist hier meiner Meinung nach unser gesamtes Krankensystem. Welcher Arzt nimmt sich denn noch Zeit für seine Patienten. In meiner Hausarztpraxis werden über 5000 Menschen betreut. Die Arzthelferin hat mir das erzählt. Als ich damals einmal Stress auf der Arbeit hatte und längere Zeit deswegen einen Krankenschein hatte, wollte mein Arzt mir direkt ein Antidepressiva verschreiben. Ich habe zum Glück dankend abgelehnt und habe mich zu einem Gesprächstherapeuten überweisen lassen. Mit ihm konnte ich erarbeiten, dass meine Arbeit mich schon lange unzufrieden macht und ich mir etwas suchen muss, dass eher meinen Bedürfnissen entspricht. In diesem neuen Beruf arbeite ich nun schon viele Jahre. Und ich brauchte keine bunten Pillen, um glücklich zu sein.
Für die Ärzte und auch die Krankenkassen sind bunte Pillen die einfachere Lösung. Zudem sind Tabletten auch günstiger als Therapien. Ein schlimmer Zustand! Hier ein weiterführender Online Beitrag zu dem Thema: https://www.thieme.de/de/psychiatrie-psychotherapie-psychosomatik/psychotherapie-hat-vorrang-vor-medikamenten-47830.htm

Kommentar von Susanne M. |

Auch ich war sehr unglücklich in meinem vorherigen Job und nahm tatsächlich eine Zeitlang Antidepressiva, zweitweise sogar zwei verschiedene Präparate: eins zur Beruhigung und eins zur Stimmungsaufhellung. Doch irgendwann beschloss ich, dass es nicht so weitergehen konnte. Zum Glück war das Absetzen kein Problem. Viele Menschen neigen jedoch nach dem Absetzen eines Antidepressivums unter massiven Entzugserscheinungen. In solchen Fällen handelt es sich nicht um eine Sucht im eigentlichen Sinne, sondern um ein sogenanntes Absetzsyndrom. Leider erkennt nicht jeder Arzt dessen Symptome. Viele gehen fälschlicherweise von einem Rückfall aus, was wiederum zu einer Erhöhung der Dosis und zu einer unnötig langen Medikamenteneinnahme führt.

Quellen:
https://www.spektrum.de/news/machen-antidepressiva-abhaengig/1626864
https://www.doccheck.com/de/detail/articles/21846-antidepressiva-absetzen-und-abstuerzen

Kommentar von Samira |

Fast zwei Millionen Menschen in Deutschland sind tablettensüchtig. Ausgelöst wird die Sucht meist durch anhaltende Schmerzen oder starke psychische Belastungen.

Drogenabhängigkeit geht oft mit Alkoholmissbrauch einher, entwickelt sich aber schneller als Alkoholabhängigkeit. Besonders gefährdet sind Frauen und ältere Menschen. Medikamente wie Schmerz-, Schlaf- und Beruhigungsmittel können abhängig machen.Auslöser sind oft Schicksalsschläge oder Nahtoderfahrungen, bei denen Ärzte Beruhigungsmittel verschreiben und diese nicht rechtzeitig stoppen. Experten zufolge besteht bei einer wochen- oder monatelangen Einnahme von Medikamenten immer ein Suchtrisiko

Was ist die Summe aus 4 und 7?
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