Intelligente Notrufsysteme – smarte Sicherheit für Senioren
Wenn ältere Menschen alleine zu Hause leben, ist die Sorge der Angehörigen oft groß. Was passiert, wenn derjenige stürzt oder ein plötzlicher medizinischer Notfall eintritt. Notrufmelder für zu Hause bieten einen guten Schutz, denn der körpernah getragene Sender kann in einer Notsituation schnell gedrückt werden, sodass Hilfe organisiert werden kann. Doch was ist, wenn der Sender nicht dabei ist? Vielleicht liegt er irgendwo auf dem Tisch, wurde einfach vergessen oder sogar bewusst dort liegen gelassen. An dieser Stelle betritt ein neues intelligentes Notrufsystem die Bühne. Es besteht aus unterschiedlichen, individuell zusammengestellten Komponenten, die darauf ausgelegt sind, Gefahrensituationen automatisch zu erkennen und dann ein automatisiertes Notrufsignal abzugeben. Hier erfährt du alles, was du darüber wissen musst.
Inhaltsverzeichnis
Ambient Assisted Living – intelligente technische Assistenten
Aus dem englischsprachigen Raum hat sich der Begriff Ambient Assisted Living (kurz: AAL) etabliert. Er kann als „umgebungsgerechtes betreutes Wohnen“ übersetzt werden und umfasst Systeme, die internetbasiert das Wohnen im Alter erleichtern sollen. Das Ziel dabei ist es, ein selbstbestimmtes Leben zu erhalten und eine Stütze in der Bewältigung des Alltags zu bieten. Damit richtet sich das Angebot an ältere Menschen, die zwar eine gewisse Unterstützung benötigen, aber noch immer eigenständig alleine leben können und wollen. Doch nicht nur für die älteren Menschen selbst, auch für Angehörige oder Pflegedienste stellen AAL-Systeme eine enorme Erleichterung dar.
AAL-Systeme sind ähnlich aufgebaut wie Smart-Home-Systeme, mit denen es zum Teil Überschneidungen gibt. So gibt es unterschiedliche Module mit speziellen Funktionen, die sich untereinander vernetzen und zentral über eine App steuerbar sind. Die Module können individuell an die Bedürfnisse des alten Menschen, sowie an die Wohnumgebung angepasst werden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung engagiert sich massiv für den Ausbau dieser Systeme, doch bisher konnte nur der intelligente Notruf auf breiter Ebene in die Privathaushalte vordringen. Weitere Optionen werden jedoch mit großer Sicherheit in den nächsten Jahren folgen, denn nur mit technisch klugen Lösungen kann dem demografischen Wandel begegnet werden.
Aufbau und Funktion eines intelligenten Notrufsystems
Ein intelligentes Notrufsystem gehört zur großen Gruppe der AAL-Systeme und kann sowohl zu Hause als auch unterwegs zum Einsatz kommen. Es verfolgt das Prinzip, Daten aus der unmittelbaren Umgebung der zu betreuenden Person zu sammeln, zu analysieren und angemessen darauf zu reagieren. Auf diese Weise werden technische Elemente mit dem sozialen Umfeld verknüpft, das in einer analysierten Notsituation unmittelbar benachrichtigt wird. Um dies zu erreichen, besteht das System aus folgenden Elementen:
- Basisstation
Die Basisstation ist das Herzstück des intelligenten Notrufsystems. Sie sollte an einem zentralen Punkt im Wohnraum aufgestellt werden und benötigt Zugang zu Strom und Internet. Über das WLAN wird der Kontakt zu allen verwendeten Sensoren hergestellt. Hier laufen die gesammelten Daten zusammen und werden analysiert. Bei einem Notfall wird von hier das Alarmsignal gesendet.
- Sensoren
Ein intelligentes System beruht auf der Fähigkeit, eigene Entscheidungen zu treffen und situationsangemessen zu agieren. Um dies tun zu können, arbeitet es mit unterschiedlichen Sensoren, die die Umgebung messen. Diese Messdaten werden anschließend mit dem „Normalzustand“ abgeglichen und bewertet. Sobald ein Messwert von der Norm abweicht, wird ein Alarm ausgelöst. Was zunächst etwas kompliziert klingt, wird anhand von Beispielen schnell ersichtlich. Ist der verwendete Sensor zum Beispiel ein Rauchmelder, dann wird ein Alarm ausgelöst, sobald der Sensor eine Veränderung feststellt. Ist der verwendete Sensor ein Sturzsensor, kann er untypische und plötzliche Bewegungsmuster als Sturz interpretieren und entsprechend einen Alarm auslösen. Weiter unten wird auf die unterschiedlichen möglichen Sensoren eingegangen.
- Handy-App
Die erhobenen Messdaten können in Echtzeit per App von einem Smartphone abgerufen werden. Auch ganz ohne ausgelösten Alarm kann so schnell nachgeschaut werden, ob alles in Ordnung ist. In dieser App können auch Normwerte festgelegt oder Kontaktdaten für den Notfall eingerichtet werden. Bei einem Notfall wird dann per Push-Nachricht, Anruf, E-Mail oder SMS sofort die Information weitergegeben, dass eine mögliche Gefahrensituation vorliegt. Der so informierte Angehörige, Nachbar oder auch ein hinzugezogener Pflegedienst kann sich dann zeitnah um Hilfe kümmern.
Unterschiedliche Arten von Sensoren
Die Möglichkeiten, Sensoren in ein intelligentes Notrufsystem zu integrieren, sind schier endlos und werden in den nächsten Jahren mit Sicherheit noch weiter ausgebaut. Grundsätzlich können zwei Typen von Sensoren unterschieden werden:
- Sensoren zur Überwachung des Wohnraumes
Eine automatisierte Überwachung des Wohnraumes ermöglicht zum einen das direkte Erkennen möglicher Gefahren, die von außen auf den Bewohner einwirken können. So messen Rauch-, Gas- oder Einbruchmelder, ob die Umgebung sicher ist und warnen sofort, wenn sich eine Gefahrensituation einstellt. Auf diese Weise wird der Bewohner vor Gefahren gewarnt, die er selbst womöglich gar nicht wahrgenommen hätte, und kann sich rechtzeitig in Sicherheit bringen. Zum anderen können Daten ermittelt werden, die Rückschlüsse auf das Verhalten des Bewohners zulassen, ohne diesen direkt zu überwachen. So können Sensoren an der Haustür feststellen, ob diese übermäßig lange geöffnet ist oder Lichtsensoren erkennen, ob Lampen nicht an oder ausgeschaltet werden. Ist z. B. im Winter das Licht um 18 Uhr noch immer nicht eingeschaltet, obwohl die Person zu Hause ist, könnte ein Problem vorliegen, dem nachgegangen werden sollte.
Etwas direkter wird es mit Sturzmatten, die an prädestinierten Stellen (z. B. im Bad) ausgelegt werden können. Sie messen zwar nicht den Menschen selbst, erkennen aber, wenn eine Person an dieser Stelle stürzt. Die handlichen Sturzmatten können zum Beispiel im Badezimmer unter den Duschvorleger gelegt werden. Mit etwas Aufwand können auch ganze Räume mit einem sogenannten Sensfloor ausgestattet werden. Dieser mit Näherungssensoren ausgestattete Bodenbelag wird ähnlich wie eine Trittschalldämmung flächig unter dem Bodenbelag ausgelegt und teilt die Fläche in unterschiedliche Zonen ein. Sobald ein Körper mehrere dieser Zonen gleichzeitig berührt, analysiert der Boden einen Sturz und gibt ein Notsignal ab. Andersherum funktionieren Sensormatten im Bett oder auf dem Sessel. Sie erkennen, wenn eine Person da ist. Registriert dieser Sensor zu definierten Zeiten oder in bestimmten Abständen keine Nutzung, kann ebenfalls ein Alarm ausgelöst werden.
- Sensoren zur direkten Überwachung des Menschen
Bei der direkten Überwachung des Menschen befinden sich die verwendeten Sensoren in unmittelbarer Körpernähe, sodass der Fokus komplett auf der zu betreuenden Person liegt. Im einfachsten Fall handelt es sich um Bewegungssensoren, die zum einen erkennen, wann und wo eine Person sich bewegt, aber eben auch Alarm schlagen können, wenn über längere Zeit keine Bewegung festzustellen war. Auch Sturzsensoren können als Armband oder Halskette getragen werden. Sie analysieren die Bewegung und können einen plötzlichen Sturz sicher erkennen. Sollte die gestürzte Person nicht innerhalb eines definierten Zeitfensters wieder aufstehen, wird auch in dieser Situation ein Alarm ausgelöst. Für draußen können die Bewegungssensoren auch mit GPS ausgestattet sein. Dadurch lassen sich orientierungslose Menschen leicht finden oder Hilfe im Notfall schnell an den richtigen Ort schicken. Bei der Ortung von Demenzkranken kann sogar im Vorfeld eine Sicherheitszone eingerichtet werden, dessen verlassen einen Alarm auslöst und einen Angehörigen informiert.
Neben der reinen Bewegung können auch bestimmte Vitalwerte automatisch erfasst und analysiert werden. Ein häufig verwendeter Sensor ist ein Blutzuckersensor. Eine feine Nadel sticht schmerzfrei in die obere Hautschicht und wird mit einem Pflaster fixiert. Ein Empfangsgerät fragt in regelmäßigen Abständen die Zuckermenge im Gewebe ab. Sie ist mit dem Zuckerwert im Blut gleichzusetzen. Bei bedrohlichen Abweichungen wird der Diabetiker umgehend informiert. Auch Pulsdaten, Blutdruckwerte oder die Körpertemperatur können automatisch erfasst und ausgewertet werden, um eine Notlage erkennen zu können.
Insgesamt übernehmen die intelligenten Sensoren einen Teil der Verantwortung und bieten Sicherheit, den Alltag allein und selbstständig zu bewältigen, ohne dass sich die Angehörigen sorgen müssen.
Kosten für ein intelligentes Notrufsystem
Die Kosten für ein solches System können nicht pauschal angegeben werden, da sie sehr davon abhängen, welche Komponenten und Sensoren zum Einsatz kommen. Bei technisch ausgefeiltem Equipment (z. B. dem Sensfloor) kann der Anschaffungspreis schnell vierstellig werden, einfachere Geräte, wie Sturzsensoren oder Bewegungs- oder Rauchmelder können für deutlich kleineres Geld installiert werden. Im Gegensatz zu einem klassischen Hausnotruf werden intelligente Notrufsysteme nicht als Pflegehilfsmittel von der Pflegekasse anerkannt und müssen daher vollständig aus eigener Tasche gezahlt werden. Insbesondere für zukünftige Senioren, die schon jetzt die Vorzüge eines Smart Homes genießen, kann eine frühzeitige Fokussierung auf Produkte aus dem AAL-Spektrum interessant sein.
Achtung bei der Datensicherheit
Datenschutz ist ein wichtiges Thema, insbesondere wenn es um so sensible Daten geht, wie sie mit einem intelligenten Notrufsystem gesammelt werden. Bei der Wahl des Anbieters solltest du daher darauf achten, dass die Daten auf einem Server in Deutschland gespeichert werden. Hierzulande ist der Datenschutz vergleichsweise streng geregelt und du kannst sichergehen, dass die gültigen Gesetze zum Schutze deiner Daten zur Anwendung kommen.
Fazit
Ein intelligentes Notrufsystem zeichnet sich dadurch aus, dass Gefahrensituationen von einer künstlichen Intelligenz eigenständig erkannt werden und sie daraufhin automatisch eine definierte Kontaktperson benachrichtigt. Für die Erkennung einer solchen Situation arbeitet das System mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Sensoren, die entweder die Wohnumgebung oder die zu betreuende Person selbst überwachen. Dieses System zählt zur großen Familie der AAL-Produkte, die besonders für alte Menschen den Alltag erleichtern und die Eigenständigkeit unterstützen sollen. Intelligente Notrufsysteme haben eine sehr große Preisspanne, können aber mit grundlegenden Funktionen für eine bezahlbare Summe installiert werden. Eine Kostenübernahme durch die Pflegeversicherung gibt es nicht.
Für ältere Menschen, die alleine leben und Sicherheit durch eine automatisierte Überwachung wünschen, um ihre Eigenständigkeit zu behalten.
Nein, die Pflegeversicherung stellt lediglich eine Pauschale für einen einfachen Hausnotruf. Intelligente Systeme müssen selbst getragen werden.
In Abhängigkeit der verwendeten Sensoren kann im Vorfeld genau definiert werden, welche Situationen eintreffen bzw. nicht eintreffen müssen, um eine Gefahrensituation festzustellen. Diese Einstellungen können stets neu angepasst werden.
Die Kontaktdaten der zu informierenden Person(en) werden in der App hinterlegt. In der Regel handelt es sich um Angehörige, Nachbarn oder Pflegedienste.
Die erhobenen Messdaten werden für einen überschaubaren Zeitraum verschlüsselt in einer Cloud auf einem Server gespeichert. Stelle am beste sicher, dass der Server in Deutschland ist, damit die hier gültigen Datenschutzbestimmungen eingehalten werden.
Quellen & Hinweise
https://www.pflege.de/hilfsmittel/seniorennotruf/intelligente-notrufsysteme/
https://www.haus.de/smart-home/ambient-assisted-living-30037#a-13-aal-systeme-fuer-bewegungs-und-spracheingeschraenkte-sowie-blinde
http://www.aal-deutschland.de/