Bedingungsloses Grundeinkommen für alle

Pilotprojekt Grundeinkommen

Die deutsche Presseagentur veröffentlichte am 18.08.2020 um 11 Uhr die Mitteilung eines Vereins (der Name ist der Redaktion bekannt) in Zusammenarbeit mit einem Wirtschafts- und einem weiteren Forschungsinstitut (ebenfalls namentlich bekannt), dass sie eine Studie zur Erforschung der Auswirkungen eines bedingungslosen Grundeinkommens beginnen möchten, sobald sich eine Millionen freiwilliger Teilnehmer mit Wohnsitz in Deutschland online eintragen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.

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Mehr Geld in der Tasche, aber bitte nicht für Rentner oder Hartzer

Als fallback wird angegeben, dass die Auslosung der Probanden und der Placebogruppe (um eine sogenannte repräsentative Erhebung machen zu können, werden über 1000 Personen benötigt, die angekündigten Spenden der als Auftraggeber bezeichneten 'Zivilgesellschaft' gestatten aber nur 120 bezahlte Teilnehmer) unabhängig von der Anzahl Bewerbungen bis 10. November am 17. November erfolgen soll. Wie erwartet gingen bis Redaktionsschluss bereits 546 Mio. Bewerbungen ein.
Die Absicht der Veranstalter des Glücksspiels war, da sich bisherige staatliche Versuche in Norwegen beispielsweise an einkommensschwache Personen richtete, das ja haarsträubend ungerecht gegenüber Reichen war, diesmal jeden Bürger anzusprechen. Das auch deshalb schon nicht hingehauen hat, da Menschen ohne Zugang zu der Website des Anbieters gar nicht in den Genuss der Anmeldung kommen können und zur Registrierung eine e-Mail-Adresse benötigt wird, sowie die Onlineberichte hinter den Paywalls der Publikatoren liegen, auf die ein Nichtabonnent keinen Zugriff hat.

Hinweis

Einkommens- versus Schenkungssteuer

Die versprochenen 1.200 Euro monatlich sind laut Veranstalter steuerrechtlich eine Schenkung ohne Gegenleistung (das nicht ganz stimmt, da die Daten und Umfragen der Teilnehmer in sechsmonatigen Intervallen verarbeitet werden) und daher für Erwerbstätige einkommensteuerfrei sowie unterhalb der Schenkungssteuergrenze. Nur für Personen ohne Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit wie beispielsweise Rentner und HartzIV-Empfänger, die ausdrücklich nicht zur Teilnahme angesprochen werden, gilt es als Erhöhung des Einkommens, wird damit veranlagungspflichtig und bedingt den Wegfall der Leistungen, Aufhebung der beitragsfreien Kranken- und gegebenenenfalls Rentenversicherungsregelung und solche Kleinigkeiten (siehe Artikel).
Erklärung auf der Website: ‚werden die Effekte von 1200 Euro zusätzlich erforscht‘. Daher auch der Hinweis, dass ALG II-Empfänger nicht wie sonst üblich bevorzugt werden.

Von diesen kleinen Denkfehlern abgesehen hat der Verein in der von jeder Online- und Zeitungsredaktion aufbereiteten Mitteilung bereits verkündet, was er davon hält, dass die Sozialleistungen in Deutschland an Bedingungen geknüpft sind (wie etwa Verzicht auf Grundrechte wie Meinungs- und Bewegungsfreiheit (es ist Empfängern von Sozialleistungen untersagt, ohne Abmeldung beim zuständigen Träger seinen Wohnort zu verlassen), Menschenwürde oder Selbstbestimmung) und Misstrauen, Existenzängste und Demotivation schüren.
Ebenfalls haben sie bereits errechnet, dass sogenannte HartziV-Empfänger unter den 120 Auserwählten dann mehr Geld zur Verfügung haben, abgesehen davon, dass sie natürlich keine ALG II-Leistungen mehr erhalten und einkommenssteuer- und rundfunkbeitragspflichtig werden sowie sich um ihre 'freiwillige' Weiterversicherung kümmern müssen; Personen mittleren Einkommens etwa gleichbleibend viel Geld zur Verfügung steht und Besserverdienende vermutlich mehr Steuern zu entrichten haben als sie von dem Verein geschenkt bekommen.
Die Frage stellt sich zwar, was von daher überhaupt jemand außerhalb der unmotivierten HarztIV-Community bewegen sollte, an der Studie teilzunehmen, aber die Kritik daran, Bedürftigen etwas zukommen zu lassen, lässt sich in unserer Gesellschaft nicht von der Hand weisen. Jeder Bonze, der im Monat mehr verdient als so ein Sozialschmarotzer in zwei Jahren ausgeben kann, weiß ohnehin besser, wie er seinen Wohlstand mehrt, dass spendenwillige Bürger gern im Namen der Wissenschaft an diese verteilen.

Wohldurchdacht und sozialkompetent

Kleines Manko: es besteht kein Rechtsanspruch an die als Schenkung bezeichnete Zuwendung, und die Angabe, dass die Summe unterhalb der Steuerpflichtigkeit liegt, deckt sich auch nicht damit, dass Besserverdienende nicht davon profitieren würden.

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Gemeinschaft macht uns stark; wenn jeder anpackt, geht es wie von selbst

Es soll über 140.000 private Spender geben, die sich bereit erklärt hätten, das Projekt über die geplante Dauer von drei Jahren zu finanzieren. Der Staat oder sonstige öffentliche Stellen beteiligen sich nicht, da es keine Sicherheit gibt, dass die gutwilligen Spender nicht in dieser Zeit selbst finanziell abrutschen und zu Sozialhilfeempfängern werden.
Um das Projekt dann noch zu retten, werden die 120 Leute gebeten werden, die Spender mit Rückzahlung ihres existenzminimumüberschreitenden bedingungslosen Einkommens zu unterstützen. Dann springen jobcenter und andere beördenähnliche Institutionen gern ein. Es sind ja nur 120 Anträge, die dann im Eilverfahren wieder genehmigt werden müssen, damit die Leute, die sich gern darauf verlassen würden, eine zeitlang durchatmen zu können und nicht mehr jeden Monat bangen zu müssen, wieviel Monat am Ende des Geldes noch übrig ist.
Also in jeder Hinsicht gut durchdacht und bedingungslos erfolgversprechend. Wir sind gespannt, ob das Ergebnis der Studie, das bereits auf der Website dargelegt ist, im Jahre 2024 übereinstimmt.

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