Das richtige Kostüm zu Karneval
Der Weg zum richtigen Kostüm anlässlich des Festes der fleischlosen Zeit ist heutzutage gar nicht so einfach. Zu Weihnachten und Ostern ist es leicht - zum einen sind diese Feiertage komplett durchkommerzialisiert und man muss sich auch nicht verkleiden, außer vielleicht als Nikolaus, Knecht Ruprecht, Christkind, Gürteltier oder Osterhase, um Kinder zu erschrecken, zum anderen gibts da wenigstens Feiertage als Höhepunkt, das für die fünfte Jahreszeit ja so nicht zutrifft (außer in Köln, wo eine Woche lang das öffentliche Leben zum Erliegen kommt - und für die Schüler in Bayern, die extra Faschingsferien haben).
Kurze Vorbereitungszeit
Was also machen, wenn die Weihnachtsangebote aus den Schaufenstern und Werbebannern auf dem Bildschirm verschwinden, um für einen Tag Silvesterböller anzupreisen, damit dann Winterstarre auf dem Smartphone eintritt, die die einzige Verbindung zur Außenwelt darstellt? Die Älteren unter uns werden sich erinnern: als es noch keine Dauerbestrahlung von stets am Körper getragenen Mobiltelefonen gab, haben wir uns Kostüme selbst gebastelt. Da wurde im Kleiderschrank nach ausrangierten Klamotten der Eltern gesucht, aus Stoffbahnen mit der pedalbetriebenen Nähmaschine ein Umhang genäht oder Kartons mit Bastelfolie beklebt, an den Seiten Löcher hineingebohrt und mit Kordeln zusammengeschnürt. Geboren waren Gespenster, Cowboys, Roboter oder wilde Fantasietiere.
So wie im Sommer Plastikweihnachtsbäume zum halben Preis angeboten werden, fehlt dem spezialisierten Handel der letzte Kick, nach Halloween die Kostüme billiger anzubieten, damit der vereinnahmte Festlandbürger des nicht aus den USA im- und wieder exportierten Allerheiligenvorabend (All hollows eve) brilliante Verkleidungsideen auch zu schätzen weiß.
Der heiße Tipp für die schnelle Verkleidung
Womöglich muss sich die ehemalige Aerobicqueen in ihre orangefarbenen Leggins pressen, den BH weggelassen und das gelbe Top anziehen, schließlich noch einen grünen Sommerhut aufsetzen, fertig ist das kostenlose Obstsalatkostüm mit zwei prallen Orangen und Bananen, dekoriert mit Apfel.
Oder der Vokuhila-Träger, der nur vom Sofa aufsteht, um sein Bier wegzubringen und seiner Frau zu sagen, dass sie ein neues hinstellen soll, solange er weg ist. Dem ist zu empfehlen, seine Knautschzone in der Körpermitte braun anzumalen und vertikal mit schwarzen Streifen zu versehen; nicht weil senkrechte Streifen schlank machen, sondern damit der Betrachter dieses malerischen Werkes seinen Träger als Fass erkennen kann.
Und dann: auf zum Straßenfest
Auch im Jahr 2020 dürfen die Besucher der Umzüge frieren. Denn eines schafft der Klimawandel nicht: dass das bewegliche Fest der Fastenzeit in den Sommer fällt. Die Zaungäste und mitlaufenden Fußgruppen, die keine Heizung bei sich tragen, erwartet von Damme, wo der nördlichste und abgesehen vom Osnabrücker Ossensamstag früheste Umzug (am Sonntag)) stattfindet, bis Basel (die Cortèges sind die südlichsten, spätesten und langdauerndsten Umzüge (Rosenmontag bis Aschermittwoch)) garantiertes Zähneklappern als Perkussionsbegleitung zu den aufspielenden Wanderkapellen.
Da ist der Weg doch besser, mit dem es eine KIndertagesstätte in Erfurt jetzt in die bundesweite Presse geschafft hat: Kostüme verbieten, Karneval absagen und mit der Angabe, Vorschulkinder erschreckten sich über verkleidete Spielkameraden und fühlten sich selbst unwohl, wenn sie als Hummer, Bienchen oder Elfe herumlaufen. Es ist bezogen auf die Bedürfnisse ethnischer Gruppen unverantwortlich, Cowboy und Indianer, Räuber und Gendarme oder Hexe und Zauberer zu spielen. Dass sich Kinder nicht wohlfühlen, wenn sie gezwungen werden, Kleidung anzuziehen, mit der sie sich nicht identifizieren können, ist doch klar, denn nichts ist Heranwachsenden wichtiger als politische Korrektheit und die Unterstützung von bornierten Pädagogen, die keinen Spaß dulden.
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