Die Arbeitsagenturen sind endlich aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht und vermitteln nur noch angehende Shootingstars

Endlich sind auch die Arbeitsagenturen aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht und rüsten sich für ein neues Zeitalter. „Einsteigerprogramm für die Social-Media-Stars von Morgen!“, so heißt eins der Programme des Jobcenters.

Neue Workshops sorgen für überfällige Revolution

Mit Mentalcoaching holen sie die Dauerarbeitslosen aus ihrer Lethargie und machen sie so fit für weiterführende Maßnahmen. Die da sind: Workshops für angehende Youtuber, Blogger und Influencer. „Aber, was ist mit den normalen Berufen wie Bäcker, Elektriker, Dachdecker, Maurer? Die mittelständigen Unternehmen suchen doch händeringend nach Fachpersonal?“, frage ich irritiert nach. Die nette Jobberaterin zuckt mit den Achseln und erwidert dann: „Ja schon, aber da diese Berufszweige aussterben, müssen die Firmeninhaber einfach mal umdenken. Solche unzeitgemäßen Jobs lassen sich einfach nicht mehr vermitteln. Kein Mensch will heutzutage für einen Hungerlohn körperlich hart arbeiten müssen. Sie vielleicht?“ Ich schüttle zwar energisch den Kopf, gebe dann aber zu bedenken: „Wer backt dann unsere Brötchen und baut unsere Häuser?“ Die Jobvermittlerin lacht ironisch: „Guter Mann, man kann doch heutzutage alles im Internet bestellen.“ „Ach ja, der Strom kommt ja auch aus der Steckdose!“, sage ich und schlage mir mit der flachen Hand vor die Stirn.

Schantall als lebendiges Beispiel

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©Bild von Gerd Altmann/Pixabay auf Alterix

„Was ist denn dann mit den herkömmlichen Ausbildungsberufen?“, will ich wissen. Ihre Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: „Die sind längst wegrationalisiert. Die unfähigen Azubis haben den Betrieben sowieso immer schon zu viel Geld gekostet. Außerdem vermitteln Webseiten, wie zum Beispiel: machdudas genug Leute, die für ein paar Cent alles Erdenkliche tun würden. Und ein paar Loser muss es ja auch noch geben.“

Schantall, eine der erfolgreichsten Social Media Stars aller Zeiten, liefert uns dann den besten Beweis...

Dafür, das Schantall ihre Oma über Instagram winken tut, bekommt sie Millionen von Likes von ihren Followern. Die 20-jährige, ehemalige Friseuse, hat längst ausgesorgt. Werbeaufträge haben die Influencerin schwer reich gemacht. Millionen von Fans folgen ihr tagtäglich auf Instagram und saugen ihre Botschaften in sich auf. Schantall beim Aufstehen frühmorgens um 11.00 Uhr, beim gesunden Smoothie Frühstück, beim Joggen, bei Maniküre und Pediküre, beim Friseur, beim schei… usw. Sie muss schön sein für die roten Teppiche dieser Welt. „Ich möchte meine Fans an meinem wunderbaren Leben teilhaben lassen. Und ich weiß, dass ich ein großes Vorbild für all die jungen Menschen da draußen bin!“ Schnell zieht sie gekonnt ihre aufgespritzten Lippen nach und ruft direkt in die Kamera: „Ihr Süßen da draußen, danke für eure Unterstützung!“ Ich kann mir nicht helfen, aber jetzt kriege ich die Bilder von einem knallroten Schlauchboot nicht mehr aus dem Kopf. Als Schantall bemerkt, wie fasziniert mein Kameramann von ihrer schmalen Taille ist, klimpert sie kokett mit ihren langen falschen Wimpern und erzählt: „Dafür habe ich mir extra die unteren Rippen entfernen lassen.“ „Wow!“ So viel selbstlose Aufopferung verschlägt uns beiden jetzt echt die Sprache. „Hast du keine Angst vor dem Älterwerden“, frage ich provokant. Aber sie lacht nur: „Darüber mache ich mir keine Sorgen, denn ich habe einen guten Schönheitschirurgen an der Hand. Nicht, dass ich schon viel an mir habe, machen lassen, aber ich will da vorbeugen.“ Plötzlich klingelt während des Interviews ihr Handy. Am anderen Ende der Bauunternehmer, der eine ihrer Penthouse Wohnungen in München renovieren soll. „Sorry, aber Baubeginn allerfrühestens im Frühjahr 2025“, teilt er ihr mit.

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