Exklusivinterview mit einem unterschätzten Virus

Frau Influenza, ich darf Sie doch so nennen; vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben.

Danke Herr Reporter. Wissen Sie, ich hab momentan viel Zeit, die Leute ignorieren mich, obwohl ich doch in diesem Winter wieder alles gegeben habe.

Ja, die Statistiken sprechen für sich. Doch das RKI (Robert-Koch-Institut, Bundesoberbehörde, Anm. der Redaktion) hält die aktuellen Zahlen noch zurück, haben Sie eine Erklärung?

In der Tat; nach meinen letzten großen Saisonleistungen 1995/96, als mehr als jeder 10. Deutsche infiziert war und 30.000 Todesfälle auf mein Konto gingen, und 2004/05 mit immer noch über 6 Mio. Infektionen in D und 20.000 Todesfällen - wohl gemerkt bei einer Erkrankung, gegen die man sich impfen lassen kann - ging das Interesse mehr und mehr zurück, weil jedes Jahr ein neues Virus auftaucht.

Grund ist sicher auch die aktuelle Konkurrenz im eigenen Hause, die Lungenerkrankung Covid19 bekommt derzeit viel Aufmerksamkeit.

Das erklärt nicht, dass ich als echte Epidemie ausgedient habe, immerhin komme ich in jedem Jahr mit voller Wucht, und jeder 20. an meinem Wirken Verstorbene in Deutschland war geimpft.

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Das Interview mit Influenza, ein Statement, das sich gewaschen hat

Haben Sie denn Verständnis für das aufstrebende SARS-CoV2?

Ach, ich denke nicht, dass es mir ernsthaft gefährlich werden kann, schauen Sie, seit Hunderten von Jahren suche ich die Menschen heim, und dieses mickrige Virus ist gerade mal in seiner ersten Saison. Vor einigen Jahren (2003/04, der alten Dame sind Jahre nicht so wichtig, Anm. d. Red.) hat es das erste Coronavirus schon versucht, mickrige 800 Tote oder so, und das auch nur lokal, genauso das MERS danach, das sind doch keine Epidemien, dagegen war die Cholera in Hamburg damals weit vorn, als der Namensgeber des heutigen Instituts seinen großen Auftritt hatte.

Aber Sie gestehen zu, dass die Neuentwicklung es besser als das erste gemacht hat?

Ganz klar, aber wie ich schon sagte, um meine Leistung oder die der Pocken (500 Mio Fälle von 1900-1980), geschweige denn von HIV (38,5 Mio. Infektionen seit 1980, 1,7 Mio. Neuinfektionen in 2018; 780.000 Todesfälle), zu erreichen, fehlt es dem Kleinen doch an Durchsetzungskraft.

Können Sie sich vorstellen, ihn unter Vertrag zu nehmen und auszubilden?

Es wäre eine echte Herausforderung, aber ich denke, die Lungen der Menschen sind nicht groß genug für uns zwei.

Unsere Leser interessieren sich besonders für das Älterwerden, kennen Sie sich damit aus?

Bei dem Jungsprunt soll es ja hauptsächlich Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen treffen, das kann ich aus meiner Erfahrung nicht bestätigen. Ausgewogene Ernährung und Lebensweise schützt vor den Auswirkungen von mir und allen anderen Lungenerkrankungen.

*hustet*

Oh, sind Sie von mir infiziert?

Neinnein, es ist nur ein grippaler Infekt, der gern mit Ihnen oder dem schweren akuten respiratorischen (Atemwegs-)Syndrom (SARS) verwechselt wird.

Da sehen Sie es. ‚Schwer‘ ist das Stichwort; wie kann ein Virus, das in den meisten Fällen leichte bis gar keine Symptome verursacht, als Gefahr von der WHO eingestuft werden?

Es mag an der Verbreitung liegen, die WHO hat womöglich die Zahlen aus Wuhan hochgerechnet, und daran, dass in den meisten Teilen der Welt die medizinische Versorgung nicht darauf eingerichtet ist.

*lacht* Ja, aber das sollte doch inzwischen geklärt sein, ich bitte Sie, was für Regierungen agieren da, wenn sie mich im Gegensatz dazu einfach hinnehmen? Ich werde auch mittels Tröpfcheninfektion übertragen, habe schwereren Verlauf und sogar gegen Ende meiner Saison noch höhere Infektionszahlen.

Ich stimme zu, doch wie sehen Sie die Lage in Schweden? Ist man dort besser vorbereitet?

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Familien distanzieren - die beste Möglichkeit für Gesundung in der Altenpflege

Zum Teil. Ein Aspekt, das öffentliche Leben nicht zu beschränken, beruht auf der Herdenimmunität, die nur funktioniert, wenn soziale Kontakte weitergeführt und nicht Maßnahmen ergriffen werden, die das Gegenteil bewirken. Ein Beispiel hierfür sind die kurzen Infektionswege in Pflegeheimen. Die Menschen allein und ihre Familien nicht zu ihnen zu lassen, widerspricht nicht nur jeglicher menschlicher Emotion, sondern auch Ratio.

Ist der Hype um social distancing also Unfug?

Keineswegs. Die geringe Zahl an schweren Verläufen und Todesfällen in Deutschland ist auf den Ekel vor körperlicher Nähe und das daher grundsätzlich hohe Niveau an Hygiene zurückzuführen, das in Ländern wie Italien und Spanien ein Problem ist, die Familie einen höheren Stellenwert einräumen, mehr Körperkontakt pflegen und wegen insgesamt höherer Temperaturen auch noch weniger Immunkräfte gegen Erkältungskrankheiten haben.
Und das nützt natürlich nur, wenn es großflächig eine Gesundheitsversorgung gibt und nicht wie in den USA das nur Privilegierte beanspruchen können, das denen jetzt auf die Füße fällt, obwohl sie in der Forschung so weit vorn sind.

Aber was ist mit Skandinavien?

Genau, und der andere Aspekt ist die Lebensphilosophie. In einem Land mit hoher Suizidrate wegen der langen Winter sind die psychischen Auswirkungen auf solche Beschränkungen fatal. Aber das kennt man ja von den Regierungen, dass die Psyche der Menschen aus der Rechnung herausgenommen wird. Geht es der Wirtschaft gut, denkt niemand daran, dass die Zufriedenheit der Menschen den wertvollsten Faktor darstellt. Norwegen hat zum Beispiel für Sozialhilfeempfänger ein bedingungsloses Grundeinkommen als Pilotprojekt durchgeführt. Als Ergebnis wurden Zahlen präsentiert, dass die Arbeitsaufnahmen nicht signifikant gestiegen sind, weil ja nicht deswegen mehr Jobs zur Verfügung standen, aber der psychologisch positive Effekt, sich nicht täglich sorgen zu müssen, wurde schlicht vergessen.

Sie geben die Vorlage für das Schlusswort: müssen wir uns Sorgen machen?

Ganz sicher, aber nicht um Corona. Und meine Saison ist sowieso vorbei.

Sehen wir sie also im nächsten Winter wieder, wenn Corona Geschichte ist?

Versprochen.

Das Gespräch wurde selbstverständlich unter Beachtung sämtlicher Hygienevorschriften und Abstandsregeln geführt und aufgezeichnet. Der Reporter hatte während des Schreibens 2 m Abstand zur Tastatur und ihr den Rücken zugekehrt.

Über die Interviewteilnehmer:

Frau Influenza ist eigentlich ein Neutrum, nicht zu verwechseln mit anderen kleinen Teilchen wie Neutrinos oder so. Sie ist bekannt als Verursacher schwerer respiratorischer Erkrankungen, daher wird das CoronaVirus-2 auch mit ihr verglichen. Sie hatte unter anderem Nebenrollen in dem Stück My Fair Lady (Eliza Doolittle's Monolog ‚My aunt died of influenza, so they said …‘) und galt bislang als gefährlichster Epidemieauslöser, nachdem auch Entwicklungs- und Schwellenländer in die Statistiken (lt. Ärzteblatt) aufgenommen sowie die Pocken, Pest und Cholera als eliminiert bezeichnet wurden, obwohl noch immer 880 Mio. Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben.

Der Interviewer ist selbst ein ausgewiesener Freund sämtlicher respiratorischer Krankheiten und daher idealer Gesprächspartner für Viren und andere Massenvernichtungswaffen. Das Interview führte er im Homeoffice, ganz im Sinne des ungesetzlich festgelegten social distancing.

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Kommentare

Kommentar von Karin |

Oha. Hab den alten Artikel zufällig entdeckt.


Ein Absatz fällt mir auf. Das mit dem social distancing ist ja inzwischen Alltag, aber dass jetzt durch Masketragen und dass Kinder so lange keine Kontakte zu Gleichaltrigen haben, eine schwere Grippewelle in Kindergärten, Kitas und Schulen befürchtet wird, weil ihr Immunsystem nicht 'lernen' kann, ist eine Schweinere. Als wusste niemand, wie sich sowas auswirkt.

Erst irgendwelche willkürlichen Maßnahmen und Zahlen verbreiten und hinterher nicht mehr zurückrudern können, weil alles Schwachsinn ist. Aber von Anfang an nihts aktiv unternehmen - wie Luftfilter zum Beispiel. Milliarden in Wirrschaft (Lufthansa, Automobilindustrie, die ja sooo leiden) pumpen aber die Millionen für die Sicherheit der Kinder ist nicht zu bezahlen.

Klima kaputtmachen und den Kindern die Zukunft versauen, Hauptsache die Pharmaindustrie hat verdient und der Flug- und Straßenverkehr geht weiter wie bisher.

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