Gibt es keine wichtigeren Probleme zu ignorierren?
2017 gab es kein anderes Thema in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, die zu dem Zeitpunkt schon lange nicht mehr so hieß, aber uns bewusst machen sollte, worum es in der EU wirklich geht: nämlich milliardenschwere Handelsabkommen und Ärmelrauscherei, und nicht um die Menschen, die auf dem alten Kontinent leben. Die Argumentation, dass doch im Zuge der Gleichbehandlung alle Kontinente gleichberechtigt sind und ihr Alter keine Rolle spielt, hat mit dem Thema dieses Artikels aber nichts zu tun.
Es geht um die Zeitumstellung, die dann aber 2018 in den Fokus der Diskussion gerückt ist, um auf das darauffolgende Jahr verschoben zu werden. Dann würden die Menschen das nächste Jahr auch noch durchhalten - und nun haben wir 2021, und es ist immer noch nichts passiert.
Sogar seriöse Berichterstatter von etablierten Redaktionen schaffen es nicht mehr, satirefrei die Versäumnissen der EU-Ratspräsidentschaft vom Tisch zu wischen.
In der Nacht werden also die Uhren wieder umgestellt. Ob vor oder zurück, das können die gut 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger ja dann auf ihrem Smartphone nachsehen, mit dem sie vor Jahren gegen die Ersparnis von Kohle gestimmt haben.
Denn - kein Witz - bei der Sommerzeit ging es nicht darum, den Biorhythmus der Menschen und Haustiere durcheinanderzubringen, sondern fossile Brennstoffe zu sparen, die im Sommer (das ist die verschobene Zeit) ja auch mehr benötigt werden als im Winter, für den die bessere Nutzung der Energie vielleicht sinnvoller gewesen wäre.
Auch die für uns dummes Volk unverständliche Aufteilung auf sieben und fünf Monate statt sechs und sechs (zum Nachrechnen: es gibt zwölf Monate im Jahr) war bereits 1977, als es das Wort noch nicht gab, vorausschauend auf den Klimawandel gerichtet. Denn die Jahreszeiten verschieben sich: die ignorierten Saisonen Frühling und Herbst - die man ja vielleicht wenigstens mit einer halben Stunde Zeitverschiebung hätte berücksichtigen können - verkürzen sich, je nachdem, wie man sie definiert (das macht vornehmlich die Bekleidungsindustrie, indem Sie uns per App mitteilt, wann Übergangsjacken getragen bzw. gekauft werden dürfen).
Die eigentliche MEZ muss also meteorologisch gesehen kürzer und die namensgebende Sommerzeit entsprechend länger ausfallen. Schließlich ist nicht die Sonne Maßgabe für die Erderwärmung, sondern immer noch entscheidet der Mensch, wann es warm genug ist, um nicht mit Kohle zu heizen, die ja den ganzen Schlamassel überhaupt erst verursacht hat.
Immer noch gibt es im Durchschnitt in jedem Haushalt der Bundesrepublik drei Uhren, die manuell umgestellt werden müssen. Diese Zahl geht aber ebensowenig in die Berechnungen für Sinn und Effizienz der grundsätzlichen Maßnahme ein wie die Anpassung des Schlafzyklus, die höhere Anfälligkeit für Akne, die um 27 % gestiegenen Verkehrsunfälle oder die Erkrankung von Haustieren, insbesondere bei großen Hunden, weil Frauchen und Herrchen nicht wissen, dass diese Geschöpfe sich nicht umstellen können.
BITTE - das ist kein Scherz: gehen Sie mit ihrem Hund zu den gleichen Zeiten Gassi und füttern Sie ihn zur gleichen Zeit OHNE Rücksicht auf die umgestellten Uhren. Gerade großen Hunden drohen sonst Magendrehungen, die tödlich für das Tier enden!
Es ist also nur eine Frage der Zeit…
Vielleicht wird ja während der nächsten EU-Ratspräsidentschaft, die glücklicherweise jährlich wechselt, damit solche Entscheidungen auch planbar sind, noch einmal darüber nachgedacht, was es bringt vorzuschreiben, Sonnenuntergänge nur aufgrund der angezeigten Uhrzeit genießen zu dürfen, Fahrpläne unnötig kompliziert zu machen oder den Menschen überhaupt zuzumuten, etwas hinzunehmen, das sie weder wollen noch mit dem sie zu tun haben möchten. Denn der Kohleausstieg kann nicht der Grund sein, auf der Beibehaltung einer Regelung zum Kohlesparen zu bestehen, deren Nutzen nie festgestellt wurde.
Kommentare
Kommentar von Sommerfreund |
Ein wirklich guter Tipp in der Bildunterschrift - ich hatte mich all die Jahre gefragt, wie man das Problem lösen soll ... und bei der Sonnenuhr, die im Garten einbetoniert ist, ja auch nur ein Klacks.
Einen Kommentar schreiben