Solo-Sternenkrieg für handlungsverwöhntes Publikum
In der unnachahmlichen Inszenierung von Startrek aus den 1960ern, Firefly und anderen Western, die auf anderen Planeten spielen und uns zeigen, dass Cowboys oder der ‚rebel without a clou‘, wie Tom Petty besang, die wahren Helden unserer und jeder anderen Zeit waren, sind und sein werden, wurde der Ausklang des Wochenendes mit einem ‚Blockbuster in der Primetime‘ gekrönt, der früher am Samstagabend den Fernseher verstopft hätte. Autoverfolgung, Zugüberfall, Bergbauaufstand und speckige Kartenspiele statt Weltraumschlachten.
Nachdem die zehnteilige Saga für 7,4 Milliarden Dollar von Gustav Gans Lucas an Dagobert Disney Duck verkauft und seitdem Franchise genannt wurde, beglücken uns die Studios, die aus einer ihrer Freizeitparkspiratenbauten eine Filmreihe gemacht haben, mindestens jedes Jahr mit einer neuen Geschichte, die einem entgangen wäre, wenn nicht kreative Köpfe die Filme aus den späten 70ern immer wieder anschauen und nach Sätzen durchsuchen würden, hinter denen etwas stecken könnte (so bei Rogue Eins aus 2016, dass ein imperialer Code der Rebellencrew später (also früher: 1979) Zugang zu dem im Bau befindlichen Todesstern ermöglicht hat).
So fand das Prequel und die Information, wie Han an seinen Nachnamen gekommen ist und Chewbacca kennengelernt hat, letztlich seinen Weg ins FreeTV, wie normales Fernsehprogramm seit einigen Jahren genannt wird.
Was ist nun so schlimm daran, die weltweiten Fans mit immer sinnloseren und haarsträubenden (im Falle des Sidekick-Copiloten sind das sehr viele Haare) Geschichten in deren Konsum zu zwingen?
Wie alle alten europäischen Märchen beginnt auch jede der US-amerikanischen Sternenkriege mit den Worten ‚Es war einmal …‘ - allerdings nicht vor langer Zeit, sondern in ferner Zukunft in einer weit entfernten Galaxie … Dann fragt man sich schon, wie Menschen an sich, Autorennen, Händeschütteln und Rumknutschen dorthin gelangen, wenn wir doch ziemlich sicher wissen, dass das Errungenschaften unseres modernen Kulturkreises sind, und wir hoffen, dass sie nicht nur diesen Planeten, sondern vor allem die Milchstraße nie werden verlassen haben können - also in der fernen Zukunft, in der das Franchise nach eigenen Angaben gespielt haben wird.
Da wir bei Errungenschaften sind
Interessanterweise gibt es trotz der vielen erstaunlichen Parallelen die Erfindung des Rades nicht. Da wird mit Laserblastern rumgeballert, deren Lichtstrahlen so langsam sind, dass ihnen jeder halbwegs bewegliche Humanoide spielend mit einer Drehbewegung von knapp 90° ausweichen kann, aber die Autos werden mit heraushängenden Drähten kurzgeschlossen und schweben ohne erkennbaren Antrieb und einem Design, dass IKEA mit seinen halbzusammengebauten Schrankwänden weit vorn liegt, über dem matschigen Boden.
Wie bei dieser spektakulären Fortbewegungsart Drifts möglich sind (es fehlt nur das Reifenquitschen aus den benannten Gründen), darf sich der Zuschauer ebensowenig fragen, wie auch überhaupt die Motivation und Strukturen des frühen Imperiums ausgesehen haben mögen.
Bei dem Chaos verwundert es, dass überhaupt Konflikte und eine Rebellion zustande kommen, da der einzige ernstzunehmende Gegenspieler der gealterte Darth Maul ist (der mit der rot-schwarzen Gesichtsbemalung, den lustigen Hörnern und dem beidseitigen Lichtschwert, mit dem er in der dunklen Bedrohung (Teil 1) gegen Liam Neeson kämpft), der überhaupt nichts mit der fehlenden Handlung zu tun hat, sondern nur in der vorletzten Szene ein kurzes Holotelefonat mit der auch nur minutenweise zu sehenden und blass spielenden Emilia Clarke führt.
Glücklicherweise gerade noch rechtzeitig, bevor man bei der ersten Werbepause sowieso abschalten möchte, taucht der zottelige Knuddelbär auf, der seitdem in den Teilen 4 bis ca. 8 auftreten wird - beziehungssweise aufgetreten sein wird. Der geneigte Betrachter erlebt dabei unerwartet eine homoerotische Szene, die die Füße des Menschen und des Wookie zeigen, die sehr dicht voreinander stehen und Han sagt: ‚wir hätten auch nacheinander duschen können.‘ - Als hätte Roland Emmerich in diesem romantischen Moment Pate gestanden.
Besonders viel Mühe haben sich die Autoren bei den Frauenrollen gegeben. Dass die frühe Geliebte von Han ausgerechnet Qi’ra heißt (Keira Knigthleys erste FIlmrolle war die des Doubles der Teenagekönigin Armidala von Naboo, verkörpert von Natalie Portman) und am Ende des Films einfach verschwindet ist brilliant gelöst, denn die Figur taucht in den früheren - also späteren - Filmen nie mehr auf. Ebenso die mit Modelqualtäten ausgestattere Droidenfrau L3, Copilotin des ursprünglichen Falken-Besitzers Lando. In Tradition der Originalserie (darf man das so ausdrücken? Es ist ja nicht Startrek) wurde die schnodderig-charmante Synchronschauspielerin Bianca Krahl verpflichtet, als wäre sie der Elke Heidenreich bei Spaceballs in der Rolle von Dotty Matrix aus dem Schoß gesprungen, um der menschlichen Seite von C3-PO nachzuempfinden.
Zumindest wird teilweise wenn auch nicht schlüssig aufgelöst, dass eine hellblau leuchtende Flüssigkeit in Glasröhrchen die Energieversorgung aller Raumschiffe jener fernen Galaxie sichert; es sollte mal jemand versuchen, einen Dieselmotor mit Kerosin oder einen SUV mit Biodiesel zu betanken.
Wurde bei einem der letzten Star Trek-Filme mit der Original-Crew noch geschimpft, dass Spock mit Düsenstiefeln stundenlang ohne Nachzutanken vor einer Felswand schweben und dann Captain Kirk schneller als freien Fall einholen und ihn sicher absetzen kann, ist vollkommen plausibel, dass Coaxium der Universaltreibstoff ist, das tröpfchenweise in den Antrieb injiziert genug Schub liefert, um einem schwarzen Loch zu entkommen, aber tonnenweise Waggonladungen des raffinierten Materials beim Absturz eine mehr harmlos qualmende Explosion verursachen. Da hab ich als Kind spannendere action mit Legosteinen hinbekommen ohne ein Budget von 342 Mio Dollar. Natürlich hab ich das Ganze nicht gefilmt, aber ich hätte die Kamera bestimmt ruhig gehalten, und nicht in Ballhausrotation, dass einem schwindelig wird, nur damit die Bewegungen dramatischer aussehen.
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