Wann werden die Uhren wieder umgestellt?
Als die erste Uhrenumstellung moderner Zeitrechnung im Jahre 1980 noch etwas Tolles war, das uns sieben Monate Sommer bescherte, trat die Ernüchterung rasch ein. Es gab weder Energieersparnis bei Beleuchtung noch bei Heizung, denn während der Sommerzeit war es sowieso hell und während der Winterzeit hatte sich ja nichts geändert, nur mehr Chaos bei jeglicher Art von zeitlich abgestimmten Unterlagen wie Fahrplänen, die mehrmals neu gedruckt werden mussten, und der Mehrarbeit für die Leute, die mit Leitern an Uhrenmasten und Kirchtürmen emporklettern mussten, um die kleinen Zeiger umzustellen.
Wie die Menstruation eine Geschichte voller Missverständnisse
Was im Englischen Daylightsaving heißt und übersetzt Rettung oder Ersparnis von Tageslicht bedeutet, erklärt das Paradox hinter dieser Erfindung aus dem 18. Jahrhundert. Jeder frühere Versuch, eine Sommerzeit durchzusetzen, scheiterte an dem Widerstand der Bevölkerung schon vor der Zeit, als sich jeder Bürger einen eigenen Chronometer leisten konnte.
Nur wegen der Idee der europäischen Gemeinschaft, die sich vor einigen Jahren schick in ‚Union’ umbenannt hat, um ihre Zwiegespaltenheit zu dokumentieren, wurden überhaupt Funkuhren erfunden. Die Abkürzung DCF77 soll suggerieren, dass es die Langwellenübertragung seit 1977 gibt, tatsächlich ist es eine Vereinfachung der Frequenz (77,5 kHz).
Dass über 30 Jahre niemand auf die Idee gekommen war, das mal zu hinterfragen, verwundert nicht, denn ‚gut Ding will Weile haben‘. Geschickt wurde darauf gebaut, dass die Bevölkerung völlig geflasht sein würde und die ersten Jahre gar nicht realisiert, dass sie für dumm verkauft wird, und als EU-Junker J. C. Kommissar in die lustige Runde von Bürokraten rief, eine Bürgerbefragung zu machen, ob die Leute das überhaupt wollten, weil es erwiesenermaßen nichts bringt, stimmten die Sitzsitzer unter der Voraussetzung zu, dass die Befragung nicht verbindlich und keinerlei Grundlage für Entscheidungen sein dürfe. Um darüber hinaus auszuschließen, dass neben den Zweifeln an der Sinn- und Ernsthaftigkeit die Landbevölkerung daran teilnehmen könnte, wurde die Befragung online durchgeführt, und das Top-Land mit dem unvergleichlichen Digitalpakt hatte die Nase vorn. 85% stimmten für ‚Ja, wir wollen die Zeitumstellung behalten‘, 60% für ‚Nein, wir sind gegen die Abschaffung der Zeitumstellung’.
Was ändert sich nun?
Wer nun frohlockte und glaubte, damit sei das Uhrenumstellen am letzten März- und Oktoberwochenende vorbei, hatte das Kleingedruckte übersehen. Als die Ansicht des Volkes nach sechs Monaten der Stimmabgabe (natürlich innerhalb der MESZ) so klar ausfiel, drohten einige Länder schon zu kippen und das Wahlverfahren zu verklagen, da außer in Deutschland kaum jemand Notiz genommen hatte. Schon war der Streit entbrannt, ob man nun auf die EU-Bürger hören solle oder nicht. Schließlich ist der Tag keine Erfindung der Erde, die sich um sich selbst und die Sonne dreht, sondern ein Gesetz, das man nicht einfach ändern kann, vor allem nicht demokratisch. Zur Vermeidung das nach dem Brexit-Votum so schön geeinte Resteuropa erneut zu entzweien oder gar um sich selbst drehen zu lassen, sollte jedes Land selbst entscheiden, ob es die Sommer- oder Winterzeit behalten wolle. Das ist natürlich clever, um das Vertrauen zu stärken, damit kein Mensch glaubt, das die EU irgendeine Entscheidung treffen kann.
Es wird also in einigen Ländern vielleicht eine weitere Befragung geben, ob und welche Zeit ganzjährig eingeführt wird; bis dahin gilt: den Sommer ins Herz lassen und Ende März eine Stunde früher aufstehen, und nur sieben Monate später eine unnütze Stunde, die es nicht gibt, in der es sowieso morgens noch dunkel ist, länger schlafen - aber nur an einem Sonntag, nicht die ganzen fünf Monate.
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