Wann wird die Zigeunersoße verboten?
Um es den ungeduldigen Lesern nicht zu schwer zu machen: bald, ganz bald.
Seit Jahren schwelt der Streit nicht etwa der Hersteller kulinarischer Lebensmittel, wie die Saucenpanscher offiziell in ihrem eigenen Verband heißen, wer das Urheberrecht an der Bezeichnung innehat, sondern der Vertreter der ethnischen Gruppen. Losgetreten 2013 von einem Verein in Hannover sollte die seit 1903 übliche Bezeichnung abgeschafft oder zumindest eine wertneutrale Umbenennung angestrebt werden. Die Führung der Jenischen in Deutschland distanzierte sich seinerzeit mit der Begründung, die Bezeichnung sei schon vor der nationalsozialistischen Machtergreifung und dem Leid der Juden, Sinti und Roma durch die Nazis etabliert gewesen.
Die Meinung darüber hat sich in der deutschen Bevölkerung gewandelt
Jetzt ist durch die Verpflichtung, jede Bestellung in der Imbissbude mit einem detaillierten Beleg des Verzehrs zu begleiten, die Sache wieder ins Rollen gekommen. Was ist, wenn ein Fahrender in einem Etablissement der schnellen Küche eine würzige Tomatensoße mit Paprika, Zwiebeln und Champignons ganz im Sinne seiner Herkunft verspeisen möchte und auf eine ihm durch Suggestion des Inhabers nicht zu erwartende Bezeichnung stößt? Zigeunerschnitzel! Woraus ist das gemacht? Aus der Seitenscheibe eines Mitreisenden, paniert und in heißem Fett gebraten? Aber nein, das Wiener Schnitzel ist ja auch nicht aus den Bewohnern einer europäischen Hauptstadt gemacht oder wie der Hamburger aus den durch einen Fleischwolf gedrehten Körperteilen von Einwohnern der Hafenstadt - obwohl man sich diesbezüglich nicht sicher ist.
Eskalation verhindern, die UN schaltet sich ein
Um die Diskussion nicht zu verschlimmern, wurde von der nahelegenden Analogie der Herkunft des Hunde-/Apfelkuchens abgerückt und der Fokus auf das betroffene Gemüse gelegt. Zwar sind Pilze kein Gemüse, doch das Paprika fühlte sich diskriminiert, mit der Balkanregion im wahrsten Sinne des Wortes in einen Topf geworfen zu werden. Eiligst wurde in der Generalversammlung beschlossen, dass auf Antrag jedwedes organische Material als Nation anerkannt werde und einen Sitz bei den Vereinten Nationen erhalte.
In eigenen Gremien sitzen nun Vertreter von Zwiebelhausen, Paprikaland und Auberginien zusammen, um endgültig zu klären, wo sie eigentlich herkommen und ob die Beschränkung auf Gerichte wie ‚Balkanwurst‘ oder ‚Schnitzel Budapester Art’ nicht die Rechte der serbischen und kroatischen Gemüsesorten untergräbt.
Schließlich war die besänftigende Einschätzung, dass ‚Schaschlikgeschmack‘ oder ‚pikant’ nicht das Volumen der olfaktorischen und gustatorischen Wahrnehmungen erfasst, nur eine Momentaufnahme. Es wurde festgelegt, dass nunmehr jede Zutat ganz im Sinne der Apartheit getrennt vor- und zubereitet werden muss. Wenn weiße und rote Zwiebeln nicht mit grünen, roten, gelben oder gar Mischlingspaprika zusammenkommen, besteht schlicht die Gefahr nicht, dass irgendein Geschmack dabei herauskommt, dem man einen eigenen Namen geben kann.
Kilometerweise Kassenbelege sind die Folge
Wenngleich anzunehmen ist, dass sich Köche darüber beschweren werden, keine Kreativität mehr walten lassen zu können und ihre Geheimnisse offenbart werden, wenn jede Zutat auf dem Kassenbon einzeln und mit Mengenangaben aufgelistet wird, so ist das auf jeden Fall das geringere Übel, als Proteste von rassistischem Gemüse vor den Regierungen der Welt befürchten zu müssen. Wer erinnert sich nicht an den glitschigen Matsch vor den Botschaften, als die Negerküsse auf die Straße gingen, weil die helle Fettglasur dem Zuckerschaum paradox erschien.
Die Zeiten sind zum Glück vorbei, und neuere Erfindungen wie Kartoffelchips tragen von jeher keine strittigen Angaben im Namen, da sind harmlose Zusätze wie ‚Paprikageschmack‘, ‚ungarisch‘ oder ‚pikant‘ schon immer normal gewesen und niemand regt sich darüber auf.
Kommentare
Kommentar von Susanne M. |
Zum Glück sind uns zumindest in Bezug auf die Zigeunersoße und das Zigeunerschnitzel ellenlange Kassenzettel erspart geblieben. Anstatt dass jede einzelne Zutat aufgezählt werden muss, wurden nur die Namen abgeändert.
Der Lebensmittelhersteller Knorr hielt lange an seiner alten Bezeichnung der roten, würzigen Fertigsoße fest. 2020 beugte das Unternehmen sich dem Druck der Sinti und Roma und benannte die Zigeunersoße in "Paprikasauce Ungarische Art" um. Das Zigeunerschnitzel wird jetzt häufig als Schnitzel Balkan-Art, Puszta-Schnitzel oder Schnitzel Budapester Art bezeichnet.
Übrigens war auch Bahlsen wegen seiner Afrika Kekse ins Visier der Rassismus-Kritiker geraten und benannte diese in Perpetum um.
Quellen:
https://www.merkur.de/verbraucher/knorr-zigeunersauce-name-aenderung-neu-rassismus-sinti-roma-kritik-paprika-schnitzel-zr-90024925.html
https://www.24hamburg.de/niedersachsen/bahlsen-knorr-nestle-diese-produkte-haben-wegen-rassismus-neue-namen-zr-90915145.html
Kommentar von Nora Meier |
Dieser Woke Umbenennungswahn entspringt der Langeweile von Personen aus dem Umfeld der Frankfurter Schule. Das ist alles nur noch pure Umerziehung von Menschen, die bereits erwachsen sind. Quasi betreutes Denken für Jedermann. Hier würde es vielleicht hilfreich sein einer richtigen Arbeit nachzugehen. Wie viel Langeweile muss ein Mensch besitzen, um sich auszudenken, dass eine Pizza "Hawai" kulturelle Aneignung ist? Das ist doch tief gestörter Mumpitz - mit Verlaub! In meiner Kindheit und Jugend hieß das Brötchen mit der schwarzen Zuckerguss Waffel nun einmal Negerkuss. Es hat niemanden irritiert oder sonst etwas. Selbst der singende schwarze Schlagerstar Roberto Blanco kann diesen suspekten Tendenzen nichts abgewinnen: https://www.berliner-zeitung.de/news/roberto-blanco-haelt-rassismusdebatte-fuer-ueberzogen-li.232733
Einen Kommentar schreiben